Internationale Kammern
Das noch am „alten“ Landgericht Berlin gestartete Projekt „Commercial Chambers / Commercial Courts“ gewinnt weiter an Bedeutung.
Bei den inzwischen am Landgericht Berlin II angesiedelten Internationalen Kammern – die Zivilkammer 9 und die Kammer für Handelssachen 103b des Landgerichts Berlin II – sind eine Reihe internationaler Wirtschaftsverfahren anhängig. Die Zivilkammer 9 hat bereits verschiedene dieser Verfahren verhandelt und am 5. Januar 2024 ein erstes Urteil verkündet.
Zeitgleich befindet sich der Gesetzentwurf für ein Justizstandortstärkungsgesetz („Gesetz zur Stärkung des Justizstandortes Deutschland durch Einführung von Commercial Courts und der Gerichtssprache Englisch in der Zivilgerichtsbarkeit“) nach erster Lesung und Sachverständigenanhörung auf der Zielgeraden im Deutschen Bundestag. Mit Inkrafttreten des Gesetzes ist noch in diesem Jahr zu rechnen.
Die Parteien, die sich für eine Verhandlung vor den Internationalen Kammern am Landgericht Berlin II entschieden haben, begrüßen die Möglichkeit einer ganz oder teilweisen englischsprachigen Verhandlung, so die Vorsitzenden der beiden Internationalen Kammern des Landgerichts Berlin II, Julia Flockermann und Friedrich Oelschläger. Ein weiterer Vorteil für die Parteien ist ein zeitlich überschaubares und zügiges Verfahren, das mit einem frühen – regelmäßig per Videokonferenz durchgeführten – Organisationstermin beginnt, in dem der Ablauf des Verfahrens vorab besprochen wird. Ferner schätzen die Parteien die Zulässigkeit der Einreichung englischer Texte ohne Übersetzung und die Besetzung des Gerichts mit international und in Wirtschaftssachen erfahrenen Richter*innen sowie einen erweiterten Schutz von Betriebsgeheimnissen.
Die bisher eingegangenen Verfahren betreffen u.a. Bauträgerverträge ausländischer Erwerber, internationale Kaufverträge, insolvenzrechtliche Verfahren mit internationalen Bezügen und Schadensersatzansprüche bei internationalen Unternehmenskaufverträgen.
Die Internationalen Kammern des Landgerichts Berlin II werden – bis zum Inkrafttreten einer Landesverordnung auf Grundlage des zukünftigen Justizstandortstärkungsgesetzes – durch einvernehmliche Erklärung der Parteien auf Antrag der Klagepartei oder der Beklagtenpartei zuständig.
- Die Internationale Zivilkammer 9 hat ihren Sitz im Gerichtsgebäude Tegeler Weg 17-21 in 10589 Berlin-Charlottenburg. Mündliche Verhandlungen können hier wahlweise in englischer oder französischer Sprache durchgeführt werden.
- Die Internationale Kammer für Handelssachen 103b, zuständig für internationale Handelssachen sowie Wettbewerbs- und Markensachen hat ihren Sitz im Gerichtsgebäude Littenstraße 12-17 in 10179 Berlin (Mitte), direkt am Alexanderplatz. Die mündliche Verhandlung wird hier in englischer Sprache durchgeführt.
Beide Kammern verhandeln selbstverständlich auf der Grundlage der deutschen Zivilprozessordnung, nur dass die Verhandlung wahlweise auch in Englisch -und vor der Zivilkammer 9 auch auf Französisch- durchgeführt werden kann und auch die Schriftsätze auf Englisch bzw. Französische eingereicht werden können.
Vergleichbare Kammern gibt es auch bei weiteren Landgerichten, so etwa (ohne Anspruch auf Vollständigkeit)
- beim Landgericht Frankfurt am Main (Kammer für internationale Handelssachen),
- beim Landgericht Hamburg die Zivilkammer 27 (zuständig für Zivilverfahren aus den Gebieten des internationalen Privatrechts, des Patent- und Markenrechts sowie für Streitigkeiten nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) sowie die Kammer 7 für Handelssachen,
- beim Landgerichten Stuttgart und Mannheim („Stuttgart Commercial Court“ und „Mannheim Commercial Court“) je eine spezialisierte Wirtschaftszivilkammer und eine Kammer für Handelssachen